Hast Du eine Abmahnung erhalten und weißt nicht, wie Du jetzt innerhalb der knappen Frist richtig reagieren sollst? Keine Sorge, das ist völlig normal und dürfte wohl 99 Prozent aller Abgemahnten so gehen.
Gastbeitrag von Rechtsanwält Tobias Kläner, Fachanwalt für IT Recht
Inhalt
-
- Wie reagiert man richtig auf eine Abmahnung?
- Was ist eigentlich eine Abmahnung?
- Vorsicht vor leichtfertigen Unterlassungserklärungen
- Vertrag mit jemandem, den man nicht mag
- Gerichtliche Verurteilung: Völlig andere Interessenslage
- Weitere Reaktionsmöglichkeiten auf eine Abmahnung
- Unwirksame Abmahnungen
- Fazit: Abmahnung anwaltlich überprüfen lassen
Wie reagiert man richtig auf eine Abmahnung?
Hast Du eine Abmahnung erhalten und weißt nicht, wie Du jetzt innerhalb der knappen Frist richtig reagieren sollst? Keine Sorge, das ist völlig normal und dürfte wohl 99 Prozent aller Abgemahnten so gehen. Wichtig ist, dass Du die Dir gesetzte Frist erstmal ernst nimmst; selbst dann, wenn Du meinst, die Abmahnung wäre missbräuchlich, unwirksam oder die Frist viel zu kurz. Allein die Versäumung einer Frist kann nämlich dazu führen, dass Du dem Abmahner Anlass gibst, gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Zu den Abmahnkosten summiert sich so schlimmstenfalls ein weiterer beträchtlicher Kostenblock. Und das dann wäre auf jeden Fall vermeidbar gewesen.
Was ist eigentlich eine Abmahnung?
Glaub es oder glaub es nicht – die Abmahnung ist in Ihrer Konzeption eigentlich ein juristisches Instrument, um Kosten zu vermeiden. Im Falle einer Rechtsverletzung soll dem Rechtsverletzter Gelegenheit gegeben werden, einen Rechtsstreit außergerichtlich beizulegen. Dafür wird dem Rechtsverletzer meist ein Brief geschrieben. Bei diesem Brief handelt es sich um die Abmahnung. Der Abmahner und die von ihm beauftragte Anwaltskanzlei verlangen darin zumeist die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Außerdem die Erstattung von Abmahnkosten, manchmal auch die Beantwortung bestimmter Fragen (Auskunftsanspruch), Schadensersatz, Beseitigung oder Vernichtung (z.B. bei Plagiaten). Wenn der Abgemahnte diese Ansprüche außergerichtlich bedient, wird der Abmahner nicht vor Gericht ziehen können. Die Schwierigkeit ist es aber festzustellen, ob dem Abmahner die behaupteten Ansprüche tatsächlich zustehen oder er zuviel vom Abgemahnten verlangt.
Vorsicht vor leichtfertigen Unterlassungserklärungen
Mit der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verhindert man, dass teuer vor Gericht um den Unterlassungsanspruch gestritten wird. Man verspricht dem Abmahner, dass sich das beanstandete Verhalten nicht mehr wiederholt. Und falls doch, dass man dem Abmahner eine hohe Vertragsstrafe zahlt. Wir unterhalten uns über Beträge, die selten unter 3.000,00 Euro pro Verstoß liegen. Es kann also schweineteuer werden. Dabei muss man als Abgemahnter im Blick haben, dass man meist auch verpflichtet ist, den abgemahnten Rechtsverstoß vollständig zu beseitigen. Gelingt dies nicht, ist das gleich ein Verstoß gegen die abgegebene Erklärung – und es wird teuer. Beispiel: Wer wegen fehlender Widerrufsbelehrung auf eBay abgemahnt wird, muss im Grundsatz auch dafür sorgen, dass beendete Angebote bei eBay, bei denen die Rechtsverletzung noch enthalten ist, sich nicht mehr aufrufen lässt. Ähnliches gilt in Bezug auf Suchmaschinen wie Google. Auch dort darf sich die Rechtsverletzung nicht mehr in der Bildersuche oder im Cache auffinden lassen.
Vertrag mit jemandem, den man nicht mag
Eine Unterlassungserklärung ist ein einseitiger Akt des Abgemahnten. Wird die Unterlassungserklärung vom Abmahner akzeptiert, nimmt er sie an und es kommt ein Vertrag zwischen Abmahner und dem Abgemahnten zustande. Ich mache meinen Mandanten meist sehr deutlich, dass die Grundlage eines Vertrags eigentlich ein Vertrauensverhältnis ist. Ein solches besteht zum Abmahner regelmäßig nicht. Man sollte sich daher genau überlegen, ob man einen entsprechenden Vertrag eingehen möchte. Die Alternative zu einer Unterlassungserklärung oder einem Unterlassungsvertrag ist eine gerichtliche Auseinandersetzung um den Unterlassungsanspruch. Gewinnt der Abmahner vor Gericht, wird der Abgemahnte zur Unterlassung verurteilt und muss bei Verstößen gegen das Verbot ebenfalls zahlen – hier in die Staatskasse.
Gerichtliche Verurteilung: Völlig andere Interessenslage
Und damit besteht dann eine völlig andere Interessenslage. Der Abmahner hat allermeist kein Interesse daran, für die Staatskasse zu schuften und nach weiteren Verstößen beim Abmahner zu „fahnden“. Mit anderen Worten: Man hat danach meistens seine Ruhe vor dem Abmahner. Wer allerdings vom Gericht zur Unterlassung nach einer Abmahnung verurteilt wird, muss meist hohe Gerichts- und Anwaltskosten tragen. Das kann auch schmerzhaft sein, weil Beträge an Gerichts- und Anwaltskosten schnell Richtung 5.000,00 Euro pro Instanz ausmachen können. Ein Gewerbetreibender kann diese Kosten eher wegstecken als eine Privatperson. Man sollte daher im Fall einer Abmahnung strategisch denken und alle Szenarios gedanklich einmal durchspielen.
Weitere Reaktionsmöglichkeiten auf eine Abmahnung
Es bieten sich durchaus weitere Möglichkeiten, auf eine Abmahnung zu reagieren. Im Wettbewerbsrecht kann darüber nachgedacht werden, ob man gegenüber dem abmahnenden Mitbewerber nicht zur Gegenabmahnung ausholt. Wie Du mir – so ich Dir. Und am Ende steht eine Vereinbarung, dass die Parteien sich künftig in Ruhe lassen. Wenn die Abmahnung gänzlich unberechtigt ausgesprochen wurde, also kein Unterlassungsanspruch besteht, kann man das auch gleich und ohne Vorwarnung an den Abmahner versuchen, gerichtlich feststellen zu lassen. Das Mittel dafür ist die sogenannte negative Feststellungsklage. Kostet aber erstmal Geld, nämlich Vorschüsse für Gericht und Anwalt.
Unwirksame Abmahnungen
Vor einigen Jahren hat der Gesetzgeber übrigen durch das „Gesetz gegen unseriöse Geschäftspraktiken“ im Urheberrecht einen Tatbestand geschaffen, mit dem man dem Abmahner gelegentlich richtig weh tun kann. § 97a UrhG verlangt vom Abmahner, dass die Abmahnung eine gewisse Form und einen bestimmten Inhalt haben muss. Hat sie dies nicht, führt das zur Unwirksamkeit der Abmahnung. Der Abmahner kann dann zum einen keine Abmahnkosten mehr vom Abgemahnten verlangen. Zum anderen gibt es dann für den Abmahner auch noch einen Bumerang: Er muss die Anwaltskosten, welche dem Abmahner außergerichtlich durch Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts entstanden sind, dann übernehmen. Ich habe dieses Vorgehen schon öfters mit Mandanten erfolgreich praktiziert.
Fazit: Abmahnung anwaltlich überprüfen lassen
Ist eine Abmahnung berechtigt und wirksam? Wann ist von Rechtsmissbrauch des Abmahners auszugehen? Ist der angesetzte Streitwert zu hoch? Diese Fragen werden meist zuverlässig nur von einem Rechtsanwalt beantwortet werden können. Niemals sollte man eine vorformulierte Unterlassungserklärung ohne vorherige Prüfung unterschreiben und an den Abmahner zurückreichen. Man gibt automatisch gleich ein Schuldanerkenntnis ab, was weitere Kostenfolgen nach sich zieht. Im Privatbereich kommt häufig die Abgabe einer eigenen, also selbst modifizierten Unterlassungserklärung in Betracht. Im gewerblichen Bereich eher selten. Immer sollte man sich über die Konsequenzen des eigenen Handelns bewusst sein. Hast Du ebenfalls eine Abmahnung erhalten und fragst Dich, was jetzt zu tun ist? Gerne biete ich Dir eine kostenlose Ersteinschätzung. Und zwar auch dann, wenn Du mich danach nicht beauftragst, gegen den Abmahner tätig zu werden. Ich freue mich auf Deine Kontaktaufnahme.
Weitere Informationen wie Du Deine Website DSGVO konform gestaltest, findest Du hier.
Tobias Kläner ist Rechtsanwalt in Koblenz und Betreiber des Blogs abgemahnt.net. Ein Schwerpunkt seiner anwaltlichen Praxis ist der richtige Umgang mit Abmahnungen. Besuche Tobias gerne auch auf seiner Homepage und auf Instagram.