Aktualisiert am: 28.06.2024!
In diesem Beitrag untersuchen wir, was gilt, wenn Deine Website Auslandbezug hat. Welches Recht muss dann beachtet werden? Wir erklären es hier! von Dr. jur. Ronald Kandelhard, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Anwendbares Recht – welches internationale Recht gilt für meine Website und ihren Inhalt bei Auslandsbezug?
Du hast Deinen Server, Deine Domain, Deinen Provider, Dein Angebot, Deine Kunden, Deine Firma und/oder Dich selbst außerhalb Deutschlands oder gar Europas? Vielleicht gar alles in jeweils einem anderen Land? Herzlichen Glückwunsch, das gibt ein schönes juristisches Puzzle-Spiel! Schon innerhalb einer nationalen Rechtsordnung ist es schwer, eindeutige Antworten zu finden. Das potenziert sich, wenn es um 2, 3 oder gar noch mehr Rechtsordnungen geht. Doch nähern wir uns dem Thema langsam: Zunächst einmal wäre es natürlich viel zu einfach, wenn es eine allgemeingültige Antwort für alle betroffenen Rechtsfragen gäbe. Zu unterscheiden sind wenigstens vier Rechtsbereiche:
- Das auf die Website selbst anwendbare Recht: Also welches Recht gilt für Angaben auf der Website, vor allem das Impressum?
- Das Datenschutzrecht: Also welches Recht findet auf die Erhebung, Speicherung und Verwendung von Daten auf der Website Anwendung?
- Das Vertragsrecht: Also welches Recht findet auf einen Vertrag Anwendung, der auf einer internationalen Website zustande kam?
- Das außervertragliche Schuldrecht: Also welches Recht findet auf die Verletzung gesetzlicher Vorschriften Anwendung, etwa zum Schutz des Wettbewerbs?
I. Welches Recht ist für die Website selbst anwendbar
1. Anwendbares Recht in der Europäische Union
Diese an sich komplizierte Frage ist durch die EU recht eindeutig geregelt. Es gilt das sog. Herkunftslandprinzip, es gilt also immer das Recht des Ortes, von dem aus die Website betrieben wird. Gemeint ist damit der Sitz des Unternehmens, das die Website betreibt. Klingt eigentlich erst mal einfach, ist es aber schon wieder nicht. Bei Einzelpersonen ist das der Ort, von dem aus sie ihr Gewerbe betreiben und bei Gesellschaften der Ort, von dem aus die Gesellschaft geleitet wird (also auch der Ort, an dem sich die Geschäftsführer im Wesentlichen aufhalten). Wer eine englische Limited hat, aber sich in Deutschland aufhält, hat einen deutschen Sitz und unterliegt deutschem Recht. Umgekehrt kann eine deutsche GmbH auch plötzlich z. B. französisch werden, wenn der Geschäftsführer dort lebt. Richtig unlösbar wird es, wenn der Geschäftsführer ständig unterwegs ist, das ist vom Recht gar nicht vorgesehen. Dennoch ist, wer ein deutsches Gewerbe und eine deutsche Gesellschaft hat, im Zweifel deutschem Recht unterlegen, denn jeder Angreifer und auch das Gericht werden sich bis zum vollständigen Beweis des Gegenteils an die Eintragung im deutschen Register halten. Man kann dann natürlich versuchen, den Gegenbeweis zu führen, doch
- zum Ersten ist man dann mitten im Prozess und sind bereits viele Kosten entstanden und
- zum Zweiten ist keinesfalls gesichert, dass der Richter die Feinheiten des internationalen Gesellschaftsrecht zutreffend beachtet.
Im Ergebnis sollte, wer sein Unternehmen in Deutschland registriert hat oder aus Deutschland leitet, die deutschen Impressumsvorschriften beachten, also insbesondere § 5 DDG. Juristisch mag das ein wenig anders gesehen werden können, doch faktisch ist das wohl anzuraten. Entsprechendes gilt für alle anderen Mitgliedstaaten der EU, ein Spanier sollte spanisches Recht beachten, ein Este estnisches etc. Das ist dann zumindest im Bereich der Europäischen Union auch definitiv ausreichend. Das heißt, selbst wenn sich eine deutsche Website auf Spanisch ausschließlich an spanische Kunden richtet, sind die deutschen Angaben ausreichend, selbst wenn das spanische Recht andere oder mehr Angaben fordern würde. Umgekehrt braucht, wer sich aus Estland mit einem estnischen Unternehmen auf Deutsch an Deutsche richtet, nur die estnischen Bestimmungen befolgen.
2. Anwendbares Recht außerhalb der EU
Ist der Anbieter dagegen außerhalb der europäischen Union ansässig, bestehen dafür keine Vorschriften. Das europäische Recht regelt Impressumspflichten nur für in Europa ansässige Unternehmen, so dass Anbieter außerhalb der EU kein Impressum angeben müssen (LG Siegen, Urt. v. 9.07.2013, Az.: 2 O 36/13), natürlich nur, soweit das dortige Heimatrecht dies nicht fordert (wie z.B. in der Schweiz).
II. Datenschutzrecht
1. Anwendbares Recht in der Europäische Union
Im Datenschutzrecht ist die Rechtslage besonders in Bewegung. Im Grundsatz gilt derzeit auch im Datenschutzrecht eine Art Herkunftslandprinzip. Es gilt jeweils das Datenschutzrecht am Ort des Veranlassers, nicht der Ort, an dem die Daten erhoben werden. Erhebt also eine belgische Website Daten von Deutschen in Deutschland, gilt dafür belgisches Datenschutzrecht, wenn dies nicht über eine deutsche Niederlassung des belgischen Unternehmens erfolgt (§ 1 Abs. 5 BDSG, der auf der europäischen Datenschutz-Richtlinie basiert). Da Google z.B. eine Niederlassung in Spanien hat, muss Google dort spanisches Datenschutzrecht beachten. Dabei kommt es darauf an, wer der Veranlasser der Datenverarbeitung ist, also nicht auf den Serverstandort, sondern vielmehr den Ort des Inhabers der Website. Ist dieser ein deutsches Unternehmen oder ist es ein ausländisches Unternehmen mit einer Niederlassung in Deutschland, gilt deutsches Datenschutzrecht. Diese Rechtsage wird sich aber in einem Jahr grundlegend ändern. Im Mai 2018 tritt die neue EU-Datenschutzgrundverordnung in Kraft. Diese wird die Rechtslage in Europa weitgehend vereinheitlichen, so dass es dann kaum noch Konflikte unterschiedlicher Rechtsordnungen in Europa mehr geben wird.
2. Anwendbares Recht außerhalb der Europäischen Union
Außerhalb der Europäischen Union verbietet die EU den Export von Daten des Websitebetreibers oder seiner europäischen Niederlassung in ein Land außerhalb der EU, wenn nicht das dortige Datenschutzrecht von der EU als gleichwertig mit dem EU-Recht anerkannt wurde. Das kann durch
- eine explizite Anerkennungsentscheidung der EU (z.B. Schweiz)
- durch ein Abkommen (z.B. USA)
- den Abschluss der Standardvertragsklauseln
- oder unternehmensintern durch einen Code of Conduct
geschehen. Besonders relevant ist die Rechtslage im Verhältnis zu den USA, da hier die wesentlichen Datenerheber und –verarbeiter ansässig sind. Hier gilt mit Privacy Shield im Moment wieder ein Abkommen. Im Moment deshalb, weil dieses Abkommen nur aus einem in seiner Rechtswirksamkeit zweifelhaften Briefwechsel besteht und bereits ebenso gerichtlich angegriffen ist wie das vorherige Safe Harbour Abkommen. Durch die Präsidentschaft Trumps stößt es in der EU inzwischen sogar politisch auf Vorbehalte. Viel weitergehend werden die rechtlichen Vorgaben in der EU für außereuropäische Datenverarbeiter aber durch die neue Datenschutzgrundverordnung ab Mai 2018. Diese gilt nämlich dann nicht nur für Datenverarbeiter oder ihre Niederlassungen in der EU, sondern auf der ganzen Welt, soweit die Website gem. Art. 3 Datenschutzgrundverordnung
- betroffenen Personen in der EU Waren oder Dienstleistungen anbietet (unabhängig, ob dies gegen Entgelt erfolgt, so dass etwa auch Facebook oder Google erfasst werden) oder
- das Verhalten von EU-Bürgern in der EU beobachtet.
III. Vertragsrecht
1. Anwendbares Recht in der EU
Für den Abschluss von Verträgen innerhalb der EU bestimmt sich das anwendbare Recht für Verträge mit Auslandsbezug nach der Rom I Verordnung über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht. Danach gilt für Verträge zwischen Unternehmen (B2B), dass entweder die Parteien eine Rechtswahl (z.B. in AGB) vereinbaren können oder (sehr vereinfacht und mit vielen Ausnahmen) dass die Rechtsordnung des Vertragspartners gilt, der die sog. vertragscharakteristische Leistung (das ist typisch der, der von dem anderen bezahlt wird) erbringt. Gem. Art. 4 ROM I VO gilt für Verträge auf einer Website vor allem das Recht am Ort des Verkäufers oder des Erbringers der Dienstleistung. Im Geschäft mit Verbrauchern gilt dagegen nach Art. 6 ROM I VO grundsätzlich das Recht am Sitz des Verbrauchers. Zwar kann das anwendbare Recht gewählt (also vertraglich anderweitig vereinbart) werden, doch darf diese Rechtswahl gem. Art. 6 Abs. 2 S. 2 Rom I VO nicht dazu führen, dass dem Verbraucher zwingende Schutzbestimmungen seines Heimatrechts genommen werden.
Damit ist natürlich eine gewisse Rechtsunsicherheit verbunden, weil darüber dann doch ausländische Rechtsordnungen gelten können. Auf der anderen Seite ist das europäische Verbraucherrecht aber auch bereits weitgehend vereinheitlicht, so dass die Unterschiede jedenfalls geringer geworden sind also noch vor der Rechtsvereinheitlichung durch die EU. Dies gilt aber nur, wenn sich das Unternehmen auch aktiv an den ausländischen Verbraucher gerichtet hat. Vereinfacht kann sich also ein Spanier, der auf einer rein deutschen Seite auf Deutsch eine Kuckucksuhr bestellt, nicht auf seinen Verbraucherschutz berufen. Anders ist es, wenn die Website auch auf Spanisch verfügbar ist oder erst Recht wenn für sie in Spanien Werbung geschaltet wird. Streitig ist, ob bereits die Angabe von Versandpreisen in das Ausland ausreicht, um zu begründen, dass das Angebot sich auch an Verbraucher in einem Drittstatt richtet, aber das ist m. E. nach zu verneinen. Für Anbieter, die sich aktiv an das Ausland richten ist damit insbesondere eine Rechtswahlklausel unerläßlich, um nicht unter Umständen in vielen verschiedenen Rechtsordnungen agieren zu müssen.
Dabei ist vor allem zu beachten, dass die Klausel nicht den Eindruck bei dem Verbraucher erwecken darf, dass das gewählte Recht in jedem Fall gilt. Denn dadurch würde er über die Anwendbarkeit von Art. 6 Abs. 2 S. 2 ROM I VO getäuscht, wonach ihm zwingende Schutzrechte seines Heimatrechts verbleiben.
Art. 6 Abs. 2 Satz 2 Rom I-VO besagt, dass bei Verbraucherverträgen eine Rechtswahl unzulässig ist, wenn das gewählte Recht den Verbraucher schlechter stellt als das Recht seines gewöhnlichen Aufenthaltsortes. Dies dient dem Schutz der Verbraucher vor weniger günstigen rechtlichen Bedingungen durch die Wahl eines anderen Rechts als dem des Wohnsitzstaates.
Dies wäre nach herrschender Ansicht jedenfalls der deutschen Gerichte unwirksam und führt zur Unwirksamkeit einer vorbehaltlosen Rechtswahlklausel, wie etwa: „Es gilt deutsches Recht“ (vgl. etwa OLG Oldenburg, Beschl. v. 23.09.2014, Az.: 6 U 113/14, m.w. Nachw.)
2. Anwendbares Recht außerhalb der EU
Außerhalb der EU richtet sich die Frage des anwendbaren Rechts ebenfalls nach der ROM I Verordnung, da diese nicht nur innerhalb der Mitgliedsländer gilt, sondern gleichlautend auch außereuropäische Sachverhalte regelt. Insofern kann auch hier das anwendbare Recht vereinbart werden. Ansonsten gilt (sehr vereinfacht) die Rechtsordnung, zu der der Vertrag die meisten Berührungspunkte hat, insbesondere das Recht am Ort desjenigen, der die vertragscharakteristische Leistung erbringt.
IV. Außervertragliches Schuldrecht
1. Anwendbares Recht in der Europäische Union
In der gesamten Europäischen Union gilt die ROM II Verordnung über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht. Dazu gehört auch das Recht gegen den unlauteren Wettbewerb, welches insbesondere die Gestaltung von Angeboten und Werbung auf Websites regelt. Hier gilt das Herkunftslandprinzip nicht, vielmehr kommt es darauf an, wo der Schaden eintritt (Art. 4 ROM II VO) oder die Werbung sich auswirkt (Art. 6 ROM II VO). Es gilt damit das Recht des Ortes, an dem die Werbung wirkt (sog. Marktortprinzip). Wirbt also eine belgische Website um deutsche Kunden, muss sie deutsches Wettbewerbsrecht einhalten. Die gleichen Regeln gelten für die außervertragliche Haftung (das Deliktsrecht oder die Haftung für Website-Inhalte). So ist bei Persönlichkeitsverletzungen im Internet ebenfalls das Recht am Ort des Verletzten anwendbar, da der Schaden in der Regel hier eintritt.
2. Anwendbares Recht außerhalb der Europäischen Union
Hier ist ebenfalls die Rom II Verordnung anwendbar. Damit ist die Rechtslage insoweit identisch. Damit müssen auch außereuropäische Anbieter sich bei Angeboten, die sich an Kunden in Mitgliedstaaten richtet, das jeweilige Wettbewerbsrecht am Zielort einhalten.
V. Ergebnis
Die Frage des anwendbaren Rechts ist insgesamt schwierig und dieser Beitrag ist wirklich nur eine sehr verkürzte Darstellung, die es kaum erlaubt, konkrete Fälle zu lösen. Sie wird in den verschiedenen betroffenen Rechtsgebieten nach unterschiedlichen Prinzipien beantwortet. Schematisch und vereinfacht stellt sich das wie folgt dar: Tabelle: Welches internationale Recht ist auf eine Website anwendbar
I. | Impressum | |
1. | EU | Herkunftslandprinzip: Recht am Ort des Website-Inhabers) |
2, | Außerhalb | Recht am Ort des Website-Inhabers |
II. | Datenschutz | |
1. | EU | Herkunftslandprinzip: Recht am Ort oder der Niederlassung des Veranlassers der Datenverarbeitung |
2. | Außerhalb | Recht am Ort des Veranlassers der Datenverarbeitung, aber Export nur bei gleichwertigem Schutz, demnächst sogar weitgehende Anwendung von EU-Recht |
III. | Vertrag | |
1, | EU | Freie Rechtswahl außer gegenüber Verbrauchern, ansonsten Recht am Ort des Erbringers der vertragscharakteristischen Leistung (Verkäufer oder Dienstleister) |
2, | Außerhalb | Freie Rechtswahl außer gegenüber Verbrauchern, ansonsten Recht am Ort des Erbringers der vertragscharakteristischen Leistung (Verkäufer oder Dienstleister) |
IV, | Wettbewerbsrecht | |
1. | EU | Marktortprinzip: Ort, an dem die Werbung wirkt |
2. | Außerhalb | Marktortprinzip: Ort, an dem die Werbung wirkt |
Wenn Du mit Deiner Seite internationale Leser ansprichst, dann ist sie wahrscheinlich nicht nur auf Deutsch, sondern mindestens zweisprachig, wenn nicht komplett auf Englisch verfasst. Beachte, dass Du dann auch Deine Datenschutzerklärung DSGVO konform auf Englisch darstellen musst. Mehr dazu findest Du in diesem Beitrag. Alle Deine Fragen zur Datenschutzerklärung beantworten wir hier ausführlich. Mehr über die DSGVO erfährst du hier.
Dr. Ronald Kandelhard, Rechtsanwalt und Mediator, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht. Ronald war lange Zeit an der Universität, in der Rechtsberatung von Staaten und als Rechtsanwalt tätig. Jetzt entwickelt er mit seinem Startup Paragraf7 automatisierte Lösungen für rechtliche Probleme von Unternehmen.
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