Vermeide teure Fehler bei der Auswahl Deines Vertragsmusters
von Dr. Ronald Kandelhard, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
- 3 Kurze Klarstellungen
- 1. Was ist ein „Freie Mitarbeiter Vertrag“?
- 2. Was ist der Unterschied zwischen Freie Mitarbeiter Vertrag, Honorarvertrag und Dienstleistungsvertrag?
- 3. Was verbindet alle Freie Mitarbeiter?
- 4. Was ist meine Rolle?
- 5. Wessen Interessen wird in dem Freie Mitarbeiter Vertrag abgebildet?
- 6. Wann bin ich Auftraggeber, wann Auftragnehmer?
- 7. Was gibt es alles für Verträge für Freie Mitarbeiter?
- 8. Freie Mitarbeiter Vertrag
- 9. Honorarvertrag
- 10. Einkauf von Dienstleistungen
- 11. Berater- und Coachingvertrag
- 12. Einkauf von Werkleistungen
- 13. Projektverträge
- 14. Rahmenvertrag
- 15. Honorarrahmenvertrag
- 16. Ergebnis
Klarstellung 1:
Einen Freie Mitarbeiter Vertrag gibt es gar nicht! Das Bürgerliche Gesetzbuch regelt den Dienstvertrag und den Werkvertrag und dann gibt es noch den gesetzlich vielfach geregelten Arbeitsvertrag (und selbst der ist nur ein Unterfall des Dienstvertrages).
Klarstellung 2:
Auch einen Honorarvertrag gibt es so nicht. Honorar nennt man insbesondere die Vergütung mancher Freiberufler. Aber nicht jeder Vertrag mit einem Freiberufler ist ein Honorarvertrag.
Klarstellung 3:
Weil wir grade dabei sind, einen Freelancer Vertrag oder Freiberufler Vertrag gibt es erst recht nicht. Freelancer ist sowieso keine rechtliche Bezeichnung, sondern wieder nur jemand, der Dienstleistungen selbständig erbringt. Freiberufler kriegen zwar oft ein Honorar, aber das ist nur eine berufsrechtliche Kategorie. Vertragsgenerator entdecken
1. Was ist ein „Freie Mitarbeiter Vertrag“?
Zwar gibt es keinen Freie Mitarbeiter Vertrag, aber überwiegend wird darunter laienhaft wohl verstanden, dass es um einen Dienstvertrag geht, bei dem der Mitarbeiter (hoffentlich) nicht Arbeitnehmer ist. Das ist Dir „gleichgültig“, genau darum geht es Dir doch, sagst Du? „Klar“ antworte ich, Dein gutes Recht, natürlich macht auch eine rein tatsächliche Beschreibung Sinn. Aber, ehe Du jetzt zu irgendeinem „Freie Mitarbeiter“ Vertrag Muster greifst, erlaube mir noch eine Frage: „Wofür brauchst Du das Vertragsmuster denn genau?“ Denn es gibt viele Verträge, bei denen die Mitarbeiter keine Arbeitnehmer sind bzw. sein sollen:
- Freie Mitarbeiter Vertrag,
- Honorarvertrag,
- Dienstleistungsvertrag
- Werkvertrag
alles ganz verwandte Gestaltungen. „Welche davon ist die Deine?“ Wenn Du das nicht genau weißt, nicht weiter wild. Mit ein paar weiteren Fragen finden wir das schnell raus.
2. Was ist der Unterschied zwischen Freie Mitarbeiter Vertrag, Honorarvertrag und Dienstleistungsvertrag?
Alles keine feststehenden Begriffe. Fragst Du hierzu 3 Juristen, bekommst Du 4 verschiedene Antworten dazu. Wir müssen eine andere Frage stellen.
Was ist das für mich passende Freie Mitarbeiter Vertrag Muster?
Diese Frage lässt sich leider noch nicht beantworten. Davor kommen die drei wirklich entscheidenden Fragen:
- „Was will ich eigentlich regeln?“
- „Was ist mein Sachverhalt?“
- „Wo finde ich dafür das passende Vertrags-Muster?“
Jetzt sind wir näher dran. Lass uns mal die Antwort versuchen. „Was gibt es denn für Möglichkeiten?
3. Was verbindet alle Freie Mitarbeiter?
Es gibt viele Situationen für einen Dienstleistungsvertrag, Honorarvertrag, Freie Mitarbeiter Vertrag – nein, einfach einen Vertrag über Dienstleistungen, bei dem der Mitarbeiter nicht Arbeitnehmer wird (werden soll). Denn das ist der Kern, den alle diese Verträge gemeinsam haben.
4. Was ist meine Rolle?
Es gibt immer einen ganz wesentlichen Unterschied: kaufst Du oder verkaufst Du? Also Dienstleistungen kann man zwar nicht kaufen oder verkaufen, aber die Frage bleibt, bist Du Anbieter oder Nachfrager oder näher am Gesetz formuliert, bist Du Auftraggeber (der, der zahlt) oder Auftragnehmer (der, der die Dienstleistung erbringt)? Denn schon das macht einen wesentlichen Unterschied.
5. Wessen Interessen wird in dem Freie Mitarbeiter Vertrag abgebildet?
Es gibt eine weitere wichtige Frage: „Ist das Muster eigentlich in meinem Interesse erstellt oder ist es etwa ein Muster, das günstig die andere Partei ist?“ Hier kannst Du in einige Schwierigkeiten geraten, wenn Du daneben greifst.
6. Wann bin ich Auftraggeber, wann Auftragnehmer?
Wenn Du weißt, wer Du bist (Auftraggeber oder Auftragnehmer), dann behalte das bitte im Sinn, das wird später wieder relevant. Erst mal können wir jetzt die nächste Frage stellen: „Was möchtest Du denn regeln? Was soll der Mitarbeiter machen?“
- der Mitarbeiter soll in einem anderen Unternehmen arbeiten, dabei wird er stark in das andere Unternehmen integriert
- der Mitarbeiter soll für ein anderes Unternehmen arbeiten, dabei wird er kaum in das andere Unternehmen integriert
- der Mitarbeiter soll einmalig für ein anderes Unternehmen eine bestimmte Leistung erbringen
- der Mitarbeiter soll mehrfach ggf. regelmäßig für ein anderes Unternehmen eine bestimmte Leistung erbringen, dafür soll ein Rahmen geschaffen werden
Das sind wohl die wesentlichen Fälle. Und? „Ist Deine Variante dabei?“ Oder fehlt sie sogar? Dann schreibe das gern in die Kommentare, ich antworte Dir dann.
7. Was gibt es alles für Verträge für Freie Mitarbeiter?
Es gibt also acht mögliche Muster! „Nein, nicht vier, acht, denn jede Antwort können wir mit der Frage kombinieren ob aus Auftraggeber- oder Auftragnehmersicht.“
Leistungsinhalt | Auftraggeber | Auftragnehmer |
Starke Integration | Freie Mitarbeiter Vertrag | Honorarvertrag |
Geringe Integration | Einkauf von Dienstleistungen | Spezialvertrag je nach Leistung: Beratervertrag, Interim Management, Coachingvertrag etc. |
Bestimmte Leistungen | Einkauf von Werkleistungen | Spezialvertrag je nach Leistung: Webdesignvertrag, Programmiervertrag, Texter Vertrag, Agenturverträge etc. |
Rahmenvertrag | Je nach Leistung: Einkauf von Dienst- oder Werkleistungen mit Rahmenregelungen | Spezialvertrag je nach Leistung mit Laufzeit |
Vertragsgenerator entdecken Wie die acht Muster heißen, ist aber eigentlich gleichgültig, wichtig ist, dass die passenden Regelungen enthalten sind. Die Bezeichnung oben ist die, die wir von easyContracts mal für uns geschaffen haben. Wichtig ist nur, dass Du weißt, für welche Situation Du ein Vertragsmuster brauchst. Lass es uns noch mal kurz durchgehen, damit es keine Missverständnisse gibt. „Einverstanden“?
8. Freie Mitarbeiter Vertrag
Wenn Du jemanden beauftragen möchtest, der recht stark in Dein Unternehmen eingebunden wird, wird es besonders gefährlich. Es droht eine Scheinselbständigkeit. Das bedeutet, der Mitarbeiter würde als Arbeitnehmer eingestuft und Du musst (ggf. für mehrere Jahre!) Lohnsteuer und Sozialabgaben nachzahlen. Da kommen schnell fünfstellige Summen raus. Näher zu den Voraussetzungen und Konsequenzen findest Du in meinem kleinen Video: https://youtu.be/3lyXmu0OVYg Hier brauchst Du einen Vertrag, der die Grenzen genau umschreibt und dafür sorgt, dass die Einstufung als Arbeitnehmer so fern wie möglich liegt. Aber Achtung: Diese Vorgaben musst Du immer auch einhalten, denn es kommt auf die tatsächlichen Verhältnisse an, ich verweise auf das Video.
9. Honorarvertrag
Wenn Du in einem anderen Unternehmen als Selbständiger tätig werden willst, brauchst Du einen dafür passenden Vertrag. Wir haben den mal Honorarvertrag genannt. Der Name ist gleichgültig, wichtig ist aber: Hier geht es um einen Vertrag, den Du als Auftragnehmer verwenden solltest, wenn Du in einem anderen Unternehmen tätig werden willst. Wann genau eine starke Eingliederung in das andere Unternehmen vorliegt, ist schwer zu beantworten. Wenn Du immer oder jedenfalls oft oder regelmäßig in dem anderen Unternehmen örtlich arbeiten musst, wenn Du zeitlich stark in dortige Projetarbeit eingebunden bist, wenn Du viele Vorgaben hast, dann ist eine starke Einbindung gegeben.
10. Einkauf von Dienstleistungen
Beauftragst Du Dritte mit wiederkehrenden Leistungen, ist das ein Dienstvertrag. Der ist zu unterscheiden von dem Werkvertrag. In dem geht es um eine bestimmte Leistung, um einen bestimmten Projekterfolgt, den der Mitarbeiter erbringen soll. Das wird das nächste Kapitel, hier bleiben wir erst mal bei dem Dienstvertrag. Wenn Du solche Leistungen an einen Dritten vergibst, der ziemlich eindeutig nicht scheinselbständig ist, dann brauchst Du keinen Freie Mitarbeiter Vertrag. Die ganzen Regelungen zur Vermeidung von Scheinselbständigkeit spielen kaum eine Rolle, wenn der Mitarbeiter
- keine größeren Vorgaben für Ort, Zeit und Inhalt der Arbeit und
- viele Auftraggeber
hat (möglichst beides auf mal, für die Abgrenzung siehe nochmals den Blogpost hier). Geht es dann um Dienstleistungen, das heißt nicht konkrete Projekterfolge, ist der Vertrag für den Einkauf von Dienstleistungen der Richtige. Das ist der Vertrag vor allem für den Einkauf von Beratungs-, Coaching- und sonstigen Dienstleistungen.
11. Berater- und Coachingvertrag
Bietest Du klar selbständig Beratungs-, Coaching oder sonstige Dienstleistungen einem Unternehmen an, und hast:
- keine größeren Vorgaben für Ort, Zeit und Inhalt der Arbeit und
- viele Auftraggeber
dann brauchst Du auch keinen Vertrag für freie Mitarbeiter. Richtig ist dann vielmehr ein Vertrag, der Deine Leistungen abbildet, also ein Beratungsvertrag, Coachingvertrag oder sonstiger Dienstvertrag. Eine etwas spezielle Konstellation ist der Interim Management Vertrag. Hier wirst Du klar eingegliedert, aber das Kriterium der Selbständigkeit wird dadurch erfüllt, dass der Vertrag für eine konkrete Vertretungssituation gedacht ist. Hier ist dann ein Interim Management Vertrag der Richtige für Dich.
12. Einkauf von Werkleistungen
Willst Du nicht Dienstleistungen, sondern konkrete (Projekt-)Erfolge einkaufen, ist der Vertrag für den Einkauf von Werkleistungen der Richtige für Dich. Das sind insbesondere Verträge mit Kreativen wie Designern, Webdesignern, Programmierern, Textern, Übersetzern, Fotografen etc. Jeweils aber nur, wenn Du die für konkrete Projekterfolge beauftragst. Stellst Du solche Mitarbeiter als Zuarbeiter oder reine Ergänzung zu Deinen internen Teams ein, ist es oft ein freie Mitarbeiter Vertrag, sonst ein Einkauf von Dienstleistungen.
13. Projektverträge
Bietest Du konkrete Projektleistungen an Unternehmen an, brauchst Du keinen Honorarvertrag, wenn Du
- keine größeren Vorgaben für Ort, Zeit und Inhalt der Arbeit hast und
- sowieso nur einmalig ein bestimmtes Werk leistest und
- viele Auftraggeber hast.
Dann ist es ein normaler Projektvertrag. Das richtige Muster entscheidet sich dann danach, was Du für Leistungen erbringst. Das kann ein
- Agenturvertag
- Webdesignvertrag
- Designgvertrag
- Textervertrag
- Übersetzervertrag
- Moderationsvertrag
- Programmiervertrag
14. Rahmenvertrag
Wenn Du immer wieder gleichartige Leistungen von einem bestimmten Mitarbeiter brauchst, ist die Grenze zur Scheinselbständigkeit wieder aktuell. Denn hier droht, dass der Mitarbeiter sehr oft oder gar ausschließlich für Dich tätig wird. Dann ist ggf. der Freie Mitarbeiter Vertrag für Dich richtig. Ist der Mitarbeiter aber eindeutig selbständig, kannst Du einen Einkauf von Dienstleistungen oder Werkleistungen Vertrag schließen, der für mehrere Aufträge einen Rahmen abgibt.
15. Honorarrahmenvertrag
Wenn Du als Auftragnehmer immer wieder für ein Unternehmen oder eine Agentur arbeitest, kannst Du das mit einem Rahmen-Honorarvertrag machen.
16. Ergebnis
„Nicht so einfach, wie gedacht? Na ja, Du hast es von Jura doch nicht wirklich anders erwartet, oder?“ Also greif nicht zu schnell zu einem Muster, das Dich vielleicht in die große Gefahr bringt. Mit der Scheinselbständigkeit ist nicht zu spaßen.
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Dr. Ronald Kandelhard, Rechtsanwalt und Mediator, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht. Ronald war lange Zeit an der Universität, in der Rechtsberatung von Staaten und als Rechtsanwalt tätig. Jetzt entwickelt er mit seinem Startup Paragraf7 automatisierte Lösungen für rechtliche Probleme von Unternehmen.